Autarke Versorgung eines vollständigen Inselnetzes mit regenerativen Energien

Younicos – Der Insel-Teststand

Eine Azoreninsel mitten in Berlin

Weiß getünchte Windmühlen, Weinberge, eine Schwefelhöhle in den Tiefen der berühmten Caldeira – das Bild der „Weißen Insel“ Graciosa in seiner Gänze abzubilden, hätte zweifelsohne seinen Reiz. Für die Projektinitiatoren des Insel-Teststandes von Younicos sind jedoch allein die meteorologischen Werte der Azoreninsel interessant. Die Sonneneinstrahlung und das Windaufkommen Graciosas bilden die Simulations-Grundlage in einem weltweit einzigartigen Demonstrations- und Entwicklungsprojekt, das im Juli 2009 in Berlin Adlershof startet.

Auf Basis regenerativer Energie wird die vollständig autarke Versorgungssituation für die Azoreninsel Graciosa nachgebildet. Erstmalig im Megawatt-Bereich entsteht ein autarkes Netz basierend auf 70 bis 90 Prozent Wind- und Solarenergie, einer 1-Megawatt-Natrium-Schwefel-Batterie als Speicher und 10 bis 30 Prozent Biodiesel-Back-Up. In dieser Versuchsanordnung entwickelt Younicos Konzepte zur Netzregelung und zum Energiemanagement, um in jeder Region der Welt Netze mit bis zu 100 Prozent erneuerbarer Energie stabil zu betreiben.

Ergänzt durch ein Business-Modell und Ansätze zur Preisgestaltung, dient das auf drei Jahre angelegte Projekt der Demonstration, dass eine Energieversorgung aus ausschließlich erneuerbaren Quellen heute schon möglich und über die Lebensdauer wirtschaftlich ist.

Nach erfolgreichem Simulations-Testlauf soll das Energiesystem auf Graciosa die bislang für die Energieversorgung zuständigen fünf Dieselgeneratoren ablösen.

Der Versuchsablauf

Die einzelnen Komponenten des Teststandes sind eine 1 Megawatt-Natrium-Schwefel-Großbatterie (NaS) des japanischen Herstellers NGK, die aufgrund ihrer hohen Zyklenfestigkeit optimal mit erneuerbaren Energien kombinierbar ist, sowie simulierter Windeintrag, realer Solareintrag, simulierte Last, ein Wechselrichtersystem und ein Energiemanagementsystem. Die Simulatoren werden mit den Last-, Wind- und Einstrahlungsmessungen der Insel gespeist. Die Umrichter verbinden die Windkraftanlage, das Photovoltaik-Kraftwerk und die Batterie zu einem Netz mit den Parametern Spannung und Frequenz.

Um eine großflächige Energieversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien und Speichern zu erlauben, gilt es, neben Skalierbarkeit und Übertragbarkeit im Teststand zwei Herausforderungen zu meistern: das Speichermanagement und die Koordination der verteilten Wechselrichter. Die notwendigen Regelstrategien für die Einstellung der Umrichter werden während des Versuchsablaufs definiert. Auf dieser Mechanik aufbauend sollen im Zuge des Projektes zwei Betriebsweisen der Batterie untersucht und weiterentwickelt werden.

Der Betrieb als autarkes komplexes Versorgungsnetz aus erneuerbaren Energien und einem Speicher. ierzu müssen Netzführungsstrategien entwickelt werden, die im Verbundnetz die stetige Erhöhung des Anteils regenerativer Energien erlauben. Zum Anderen der Netzparallelbetrieb, bei dem die Batterie aus dem geschlossenen Inselnetz herausgelöst und mit einem Verbundnetz synchronisiert wird.

Warum wird der Versuch durchgeführt?

Das Ziel hinter dem Versuch ist die Sicherung einer nachhaltigen Energieversorgung, im Sinne einer bis zu 100 prozentigen Versorgung aus regenerativen Quellen. Um die derzeitige Limitierung der Energieversorgung aus Sonnen- und Windkraft aufzuheben, bedarf es Lösungen für die stabile Netzregelung bei großtechnischer Energiespeicherung. Im Insel-Teststand generiert Younicos solche
Regelkonzepte für einen stabilen Netzbetrieb und erprobt das entsprechende Energiemanagement. Damit wird sowohl ein stabiles Insel-Versorgungsnetz aus vollständig erneuerbaren Energien demonstriert als auch die Voraussetzung geschaffen, um in jeder Region der Welt, analoge Netze zu betreiben.

Die konkrete Verwertung der Versuchsergebnisse

Der Grundstein für eine mehrheitlich auf regenerativen Bezugsquellen aufbauende Energieversorgung ist mit dem Insel-Teststand bereits gelegt. Auf der Grundlage der empirisch gewonnenen Ergebnisse können betriebsfertige Versorgungssysteme auf kleineren Inseln oder in netzfernen Dörfern eingerichtet werden. Ebenso kann nach dem Netzparallelbetrieb-System sukzessive die Umstellung größerer Netze wie des deutschen oder des europäischen Netzes erfolgen.

Younicos ist ein Zusammenschluss von Solon Laboratories und der I-Sol Ventures GmbH.

“Klick, Echo, Klick – diese Coda war fantastisch!”

Vom „Pink-Floyd-Konzert der Pottwale“, welchem er über Kopfhörer bei einer Expedition lauschen durfte, berichtet Martin Amanshauser sehr unterhaltsam in seiner Kolumne 143 Azoren (pdf-Download).

Ein weiterer informativer und amüsanter Artikel des Autors beschäftigt sich mit dem Thema „Warum die Azoren nicht Bussarden heißen, was der Pottwal im Kopf trägt und warum der azorische Anfeuerungsruf ‚Calma!‘ heißt.“

Martin Amanshausers erdum-spannende Reisekolumnen „Amanshausers Welt“ erscheinen auf amanshauser.at oder jeden Freitag neu auf diepresse.com.